Gruppenregeln
Inhaltsverzeichnis
Vorgegebene Regeln
- Gesetze und Verordnungen
- Verbands- oder trägerinterne Regeln
- Förderungsbedingungen
Diese Regeln stehen nicht zur Diskussion, es stellt sich lediglich die Frage, wie sie durchzusetzen sind und ob im einzelnen pädagogische Gesichtspunkte eine differenzierte Auseinandersetzung mit ihnen notwendig machen.
Gesellschaftliche Regeln
- Umgangsformen
- Traditionen
- Verhaltensweisen und Kulturen
- Verabredete Regeln:
- Rechte und Pflichten in der Gruppe
- Kommunikationsregeln
- Kritikformen und Kritikregeln
Viele GruppenleiterInnen neigen dazu ein sehr komplexes Regelwerk vorzugeben, in dem alle Widrigkeiten des täglichen Lebens erfasst sind. Ein paar grundlegende Gedanken vorweg öffnen den Blick für das wirklich Wichtige.
Die erste Überlegung sollte den Konsequenzen (Sanktionen) gelten. Die einzig ernste Sanktion ist der Gruppenverweis (Hausverbot, Nach Hause schicken). Stellt sich die Frage, ob Du diese Möglichkeit nutzen willst oder nicht? Jedenfalls sollte mit der Sanktion nur gedroht werden, wenn sie auch tatsächlich greifen könnte, sonst dürfte sie eher die Glaubwürdigkeit des Gruppenleiters oder der Gruppenleiterin in Frage stellen.
Es stellt sich im weiteren die Frage, ob als Gruppenregeln die geltenden Gesetze wiederholt werden müssen und sollen? Drogen, Waffen und Gewalt sind schon verboten und werden durch die Teilnahme an der Jugendarbeit nicht legitimer. Es stellt sich vielmehr die Frage nach dem pädagogischen Umgang mit diesen Phänomenen.
Vielfach werden Regeln dann eingesetzt, wenn die Leitung sich im Umgang mit dem Sachverhalt unsicher fühlt. Dies ist durchaus legitim, da eine GruppenleiterIn naturgemäß nicht in allen Bereichen kompetent sein kann und muss. Doch solltest Du Dir über diesen Zusammenhang im klaren sein und mit der Zeit versuchen Deine Kompetenz zu steigern.
Je größer Deine Sicherheit im Umgang mit möglichen Problemen ist, je weniger Regeln benötigst Du. Im Idealfall kommst Du mit wenigen Grundrechten aus, von denen sich sehr viel ableiten läßt. Deine Gruppe oder Freizeit beginnt für alle viel angenehmer, wenn ihr über Rechte redet (und das solltet ihr in diesem Fall immer machen), als wenn ihr Verbote bekannt gebt.
Rechte, damit es allen gut geht!
- JedeR hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit
- JedeR hat das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung
- JedeR ist für sich selbst und die Gruppe verantwortlich
Achtet darauf, dass die Regeln, die ihr aufstellt auch für alle einhaltbar sind. Wenn Du eineN drogenabhängigeN FreizeitteilnehmerIn dabei hast, ist es unrealistisch Drogen zu verbieten. Überlege Dir lieber vorher, ob Du Dir zutraust mit diesem Problem pädagogisch umzugehen. Es wäre sonst für alle besser, wenn der / die Abhängige zu Hause bleibt.
Nichts ist verboten, weil es so geregelt ist. Es sollte für jede Regel auch eine logische und nachvollziehbare Erklärung geben, die für die TeilnehmerInnen oftmals viel überzeugender wirkt, als ein abstraktes Verbot. Versuche immer, den TeilnehmernInnen zu erklären, warum es für sie sinnvoll ist, eine Regel einzuhalten.
Stelle nur Regeln auf, wenn Du auch gewillt bist, ihre Einhaltung durchzusetzen. Ein Rauchverbot bspw. ist nutzlos, wenn Du schon vorher weißt, dass Du die Einhaltung nicht überwachen kannst und willst.
Regeln gelten für alle! Frage Dich immer, ob Du selbst die Regel auch einhalten kannst und willst? Wenn Alkohol verboten ist, macht es sich sehr schlecht, wenn die LeiterInnen abends bei Bier und Wein sitzen, weil das ja was anderes ist. Weniger ist mehr! Regele nur, was unbedingt geregelt werden muss. Niemand liest sich gerne eine zweiseitige Hausordnung durch und behält, was er gelesen hat.
Leitfragen
- Wie wird geregelt?
- Was wollen wir regeln?
- Mit welchen Regeln?
- Wie werden sie bekanntgegeben? (Schwarzes Brett, in Gruppen erklären, wiederholen)
- Wie werden sie durchgesetzt? (Androhungen)
- Wie wird bei Verstoß gehandelt?(Sanktionen)
- Wollen wir das überhaupt?
- Müssen bestimmte Regeln sein? (Gesetz)
- Wie kommen wir zu Gruppenregeln? (Mit den TeilnehmerInnen oder autoritär?)
- Interventionen - Leiten heißt eingreifen
Vielleicht die wichtigste Tugend beim Leiten von Gruppen ist "der Mut zum Eingreifen (Intervenieren)". Die besten Konzepte und die tollsten Regeln nutzen wenig, wenn niemand sie um- bzw. durchsetzt. Geradezu selbstverständlich ist es natürlich, dass klare Regelverstöße zu einer Konsequenz führen müssen, doch schon an diesem Punkt stellt sich häufig die Frage, ob sich die Leitung dem "Sanktionsstress" überhaupt aussetzen will oder über gewisse Dinge hinweg gesehen wird. Eine fatale Frage, denn es entscheidet sich an dieser Stelle, wie glaubwürdig das Team ist und wie ernst die Regeln gemeint sind. Wer einmal bewußt wegsieht hat zukünftig immer das Argument "...da hast du ja auch nicht..." gegen sich.
Die Kunst des "guten Gruppenleitens" ist vor allem die Fähigkeit vorausschauend und sehr frühzeitig in mögliche Konfliktpotentiale einzugreifen, damit es gar nicht erst zur Krisensituation kommt. Konflikte haben die gleiche Dynamik wie Dammbrüche: Wo ein kleines Loch ist bricht der Damm sehr schnell (das heißt dann Eskalation)! Aufgabe der Leitung ist es also die "kleinen Löcher zu suchen" und mit ihnen zu arbeiten. Es ist jedenfalls einfacher mit den kleinen Schwächen einzelner zu arbeiten, als später AußenseiterInnen in die Gruppe zu integrieren. Auch ist ein klärendes Gespräch mit zwei Verliebten ratsamer, als die Schwangerschaftsberatung nach dem "Unfall". Sehen - hören - sprechen
Hinsehen und mitbekommen was in der Gruppe gerade läuft, ist die Voraussetzung zur Intervention, das bedeutet, dass die Gruppenleitung immer mitten im Geschehen sein muss und nichts an ihr vorbei gehen darf.
Zuhören, um heraus zu bekommen, ob tatsächlich eine Intervention nötig ist, denn oft kann die Gruppe sich auch selbst helfen und eigenständig Probleme lösen oder Sachverhalte regeln. Intervention soll "nötig" sein!
Das Ansprechen ist die eigentliche Intervention. Bei unklaren Situationen hilft gelegentlich die Frage weiter (Was ist los? Wie geht es euch? Kann ich euch helfen?) .
Ist eine Intervention für nötig befunden, sollte sie auch sofort umgesetzt werden.
Hat die Gruppe selbst eine interventionsverdächtige Situation geregelt, sollte auch das positv bemerkt werden (Klasse, wie ihr das geregelt habt!).
Die Reflexion
Bei der Reflexion (oder Auswertung) machst Du Dir Gedanken darüber , wie eine Veranstaltung, eine Gruppenstunde oder eine Arbeitseinheit gelaufen ist: was war gut und was weniger gut. Das kann Dir bei der Vorbereitung weiterer Arbeitseinheiten, Gruppenstunden, Ferienfreizeiten, oder was auch immer Du in Deiner Jugendarbeit machst, helfen.
Du kannst zum einen mit den TeilnehmerInnen reflektieren und zum anderen mit den TeamerInnen (die Leute, die die Veranstaltung leiten).
Durch die Reflexion in der Gruppe bekommst Du Rückmeldungen von der Gruppe, das sogenannte feed back. Die TeilnehmerInnen haben dabei die Gelegenheit zu sagen, was ihnen gut gefallen hat und was weniger. Äußern können sie sich beispielsweise zu den behandelten Inhalten, zu den verwendeten Methoden und zu der Art der Leitung, also wie Du Dich den TeilnehmerInnen gegenüber verhalten hast und welche Inhalte Du wie transportiert hast.
Die Reflexion im Team kann beispielsweise Unterschiede in den Leitungsstilen aufdecken, die dann thematisiert werden müssen. Ohne eine Auseinandersetzung können die verschiedenen Auffassungen, Leitung in einer Gruppe wahrzunehmen zu Konflikten führen. Durch regelmäßige Reflexionen können solche Probleme umgangen werden.
Die Wahrnehmung
Die Wahrnehmung ein und derselben Situation kann völlig unterschiedlich aussehen. Eine Arbeitseinheit hat einem Teamer gut gefallen, für eine Teilnehmerin waren die verwendeten Methoden jedoch überhaupt nicht ansprechend. Das Empfinden von Situationen gerade in Gruppen ist sehr persönlich und kann daher ganz unterschiedlich ausfallen. Daher kann eine sinnvolle Reflexion eigentlich nur mit mehreren Personen gemacht werden.
Außerdem erfährst Du, wie andere Menschen Dich in der Gruppe wahrnehmen. Dadurch kannst Du lernen, Dich besser einzuschätzen und selbstsicherer mit Gruppen umzugehen.
Wird in festen Gruppen oder bei Veranstaltungen mit mehreren Arbeitseinheiten regelmäßig reflektiert, wird es einfacher, die Gruppe einzuschätzen und auf den Gruppenprozess konstruktiv einzugehen. Du weißt so immer, wo sich die Gruppe gerade befindet.
Methoden zur Reflexion findest Du im Methodenteil des Heftes von "Team Seminare, Tobias Heiny, Petra und Bernd Schmidt, Hamburg: Grundlagen für die Jugendgruppenarbeit